Unsere Schule

Positives Zusammenwirken

Ein Interview mit dem ehemaligen stellvertretenden Schulleiter, Herrn Lingner
Von Lea Zanger


Lea
   

Bevor wir mit dem Interview anfangen, möchte ich mich nochmals herzlichst für die Einladung bedanken, und vor allem dafür, dass dieses Interview überhaupt möglich ist. Fangen wir mal einfach an: Was freut Sie, wenn Sie jetzt ans Scheffel denken?

Herr Lingner
   

Ich freue mich, dass ich mit Frau Bohnsack so eine tolle Nachfolgerin gefunden habe.

Lea
   

Wen oder was vermissen Sie vom Scheffel am meisten?

Herr Lingner
   

Also zuerst einmal die Schüler, aber dann auch die täglichen Begegnungen mit meinen Kollegen. Ich hatte am Scheffel wirklich ausgesprochen nette, sympathische Kollegen, mit denen ich auch befreundet bin.

Lea
   

Was ist DIE schönste beziehungsweise markanteste Erinnerung, die Sie ans Scheffel haben?

Herr Lingner
   

Vom Scheffel habe ich das lebendige Zusammenwirken mit Schulleitung, Lehrerschaft und Schülern in Erinnerung, also positive Momente der intensiven Lebendigkeit, wo man das Gefühl hatte, hier ziehen alle Beteiligten an einem Strang, unbürokratisch und kreativ, wenn eine Idee entwickelt und umgesetzt wurde. Positive Erinnerungen ans Scheffel sind die Homepage, wie sie damals war, als sich zum Teil noch Schüler engagierten. Sie war lebendig. Sie wurde von einem Außenstehenden angeklickt und dieser dachte: „Oh, wow. Was ist da alles los! Was ist das für eine aktive, motivierte, interessierte Schule.“...Also das Spektrum, der Bogen der Aktivitäten am Scheffelgymnasium, war so beeindruckend groß. Wir hatten viele sehr kompetente Fachkollegen, die die Schule auf unterschiedlichsten Feldern vorangebracht haben, indem sie Schüler motivieren konnten.


Bei der Verabschiedung im Juli 2016


Lea
   

Komplett aus eigenem Interesse: Was hat Sie damals, als Sie vor der Wahl standen, bewegt, Lehramt zu studieren und nicht eher in die Forschung der Biologie zu gehen?

Herr Lingner
   

Ja, also ich hatte in meiner Jugendzeit einige tolle Vorbilder, die mich wirklich motiviert haben, mich für Dinge zu interessieren. Und die Identifikation mit den Vorbildern war auch ausschlaggebend, so dass ich gedacht habe: „So etwas, was der jetzt mit mir macht, würde ich auch gerne mit Anderen machen.“ Also das war sicherlich interessant. Dann wollte ich mich auch lieber mit Menschen beschäftigen. In der Forschung der Botanik hätte ich viel mit Pflanzen zu tun gehabt, mit Tieren und mit Teilen davon (lacht), aber der lebendige Umgang mit Heranwachsenden, glaube ich, ist an sich etwas Wunderschönes.

Lea
   

Sie haben sich als Schüler sehr engagiert an Demonstrationen gegen den Numerus Clausus (Notendurchschnitt zur Stzudienzulassung) beteiligt. Wie kam es dazu?

Herr Lingner
   

Nun, es… Es gab ihn plötzlich (lacht). Die Notwendigkeit gegen den Numerus Clausus anzugehen, bestand erst, nachdem er eingeführt wurde. Er wurde eingeführt, und Du musst Dir vorstellen, Du hast damals als Schüler ziemlich sorglos gelebt. Du hast gedacht: „Klar, also gut, Abitur machst du und dann steht es dir frei zu studieren, was du willst.“ Und schlagartig wurde diese Möglichkeit gekappt, indem man gesagt hat: „Ja,… aber, wenn du das und das studieren willst, musst du diesen Schuldurchschnitt haben.“ Und das war schwer zu vermitteln, ja, und die Jugend damals war deutlich politischer als heute. Wir hatten kein Internet, das Fernsehen war wirklich reduziert im Programm und Anspruch, es gab einige Filme, es gab gute Bücher, aber wir haben uns selbst informiert, engagiert und auch kommunizierend Programm schaffen müsse. Wir bekamen es ja nicht per Medium ins Haus geliefert wie heute. Da war ein ganz anderes Engagement da. Und damals war ich Schulsprecher am Max-Planck-Gymnasium. Zu der Zeit, als eben diese Demonstration war und das war so die Spät-68er-Revolution. Ich weiß nicht, ob Dir das etwas sagt... Wir haben jedenfalls gesagt: „Nee, wir haben selbst eine Position, wir haben selbst eine Meinung.“ Und so kam es, dass im doch so beschaulichen Lahr eben eine Demonstration stattfand, für die wir im Schulhof Plakate gemalt haben. Ich kann mich erinnern: Der Kultusminister damals hieß Hahn und wir hatten dann das Zitat „Bildungspolitik ist Trumpf, doch Hahn versteckt das Geld im Socken“ und also solche Einfälle. Also ich habe noch sehr lebendige Erinnerungen an meine aktive Zeit, und dann gab es damals noch keine übergeordnete Schülerverbindung und da haben wir die SI Südbaden gegründet: Wir waren zu dritt, Petzold aus Freiburg, Knöpfel aus Baden- Baden und Lingner aus Lahr. Und das hieß damals SI, Schülerinteressenvertretung. SMV haben wir uns gedacht, was soll das...? Das hieß damals „Schüler-Mitverwaltung“... Ja, wir haben es dann zu SIV umbenannt. Auch in der Schule, da war dann auch ein offizieller Akt, allerdings hat das nur kurz gehalten, dann wurde es wieder die SMV. Aber das heißt meines Wissens, jetzt ja „Schüler-Mitverantwortung“, also aus der Verwaltung ist die Verantwortung geworden. Und ja, das war eine spannende Zeit, und eine Zeit, als auch Aktivitäten außerhalb der Schule stattgefunden haben. Also insofern habe ich großes Verständnis gehabt, wenn Schüler eben auch außerhalb der Schule aktiv waren und die Schule nicht das Zentrum ihrer jugendlichen Existenz gewesen ist.

Lea
   

Ihre Kinder (Ronja, Kai und Sandra) waren ja auch auf dem Scheffel, also meinen Informationen nach zumindest die jüngeren beiden…

Herr Lingner
   

Ja, die letzten zwei. Bei meiner älteren Tochter habe ich gedacht, dass ich mich absolut zurückhalten muss und als Lehrer keinerlei Einfluss auf sie nehme. Sie ist dann ihren Interessen gefolgt, war dann auch auf einer selbstgewählten Schule und macht jetzt, nach dem sie ihre Ausbildung als Grafikdesignerin abgeschlossen hat, ihr Abitur nach. Sie ist ganz und gar ohne meinen Einfluss durch die Schule gegangen. Beim zweiten Kind wollte ich dann etwas lancieren: Ich hätte meinen Sohn gerne aufs Max-Planck-Gymnasium geschickt, weil ich dachte, da wäre es unproblematisch. Aber seine Freunde sind alle von der Dinglinger Grundschule aufs Scheffel und da hat er dann gesagt:„ Ja, Papi, welches Gymnasium hältst Du für das beste?“ „Du willst mich doch nicht auf ein Gymnasium stecken, dass Du für das zweitbeste hältst, oder?“ Das war ein entwaffnendes Argument, weswegen er auf dem Scheffel gelandet ist, und nicht auf dem MPG.

Lea
   

Dass heißt, die Beiden fanden es auch nicht peinlich, dass der Papa an „ihrer“ Schule Konrektor war?

Herr Lingner
   

Nein, das fanden sie nicht peinlich. Es war auch unproblematisch, weil sie auch ziemlich eigenständig und positiv mitliefen. Ich musste nie ein Gespräch über disziplinarische oder schulische Angelegenheiten mit Kollegen halten. Und die Sandra, die hat dann die Origami-AG gegründet, geleitet und so weiter. Sie waren beide Selbstläufer und beide aktiv. Da musste der Papa nicht irgendwie eingreifen.

Lea
   

Haben Ihre Kinder Ihre Begeisterung für die Biologie „geerbt“?

Herr Lingner
   

Sowas kann man nicht vererben, man kann kognitive Kompetenzen vererben und unter Umständen auch naturwissenschaftliches Interesse, Dinge zu begründen. Eher ist es nicht so, dass Interessen automatisch weitergegeben werden. Obwohl mein Sohn lange Zeit Biologie- und Deutschlehrer werden wollte, lange Zeit am besten auch noch am Scheffel, hat er sich dann abgenabelt. Und jetzt macht er angewandte Psychomechanik in Offenburg. Das ist ein Kombinationsstudium, wo man einen mechanisch-technischen Studiengang belegt, aber auch einen therapeutischen-physiologischen.

Lea
   

Zurück ins Hier und Jetzt. Genießen Sie Ihren Ruhestand denn auch?

Herr Lingner
   

Ja, ich genieße ihn in vollen Zügen. Ich stehe zwar auch um sieben Uhr auf - nicht immer, aber wenn ich will, wenn ich etwas vorhabe. Doch nun ist es freiwillig. Ich setze mir meine Ziele jetzt eigenständig. Ich schaffe mir meine Zeitnot selbst und die wird mir nicht durch Andere vorgeschrieben. Und es gibt eben sehr viele Betätigungsfelder: Die Landesgartenschau wirft ihre Schatten voraus. Da bin ich momentan intensiv dabei, fotografische Dokumentationen von Pflanzen und Tieren auszuwerten und zu bestimmen und ein Protokoll einer Streuobstwiese darzustellen… Solche Fotos zu machen ist reizvoll, ja. Und dazu botanisiere ich, Botanisieren, das bedeutet, sich mit Pflanzen zu beschäftigen und sie näher zu erforschen, zu beobachten, zu dokumentieren. Außerdem war ich jetzt erst bis vor ein paar Tagen in Südafrika. Da gibt es zum Weltnaturerbe gehörende, kleine, überschaubare Areale aus Fynbospopulationen. Da gibt es 1.600 idemische Arten, selbst sechs Familien, die wir in Europa gar nicht haben. Und dort hat ein Freund eine Farm. Dort konnte ich dann nach einer gezielten Brandrodung mal die Zunahme der Vegetation und der Population dokumentieren. Nicht die ganze Zeit, ich habe auch etwas Sightseeing gemacht. Das war auch ganz interessant, mal zu sehen, was in der Welt sonst so „kreucht und fleucht“.

Lea
   

Sie haben es eben erwähnt. Sie waren in den letzten Wochen in Südafrika. Welche Reiseziele stehen noch auf Ihrem Plan?

Herr Lingner
   

Ja, also ich bin in nächster Zeit jetzt hauptsächlich - durch die LGS-Projekte - hier in der Gegend. Diese Woche ist ein Treffen zum archäobotanischen Garten. Es gibt nämlich die "Lahrer Lichte": Das ist ganz spannend...die komplexen Zusammenstellungen von Pflanzenarten, die zur Römerzeit nördlich der Alpen existiert haben. Diese wurden in einem Brunnen in Lahr-Dinglingen gefunden und bestimmt und sollen auch auf irgendeine Weise didaktisch präsentiert werden auf der Gartenschau, in einem Gartenareal. Also demnächst eher lokale Projekte, hauptsächlich LGS -edingt, und dann will ich aber auch etwas Pädagogisches machen, pädagogische Hilfe. Im Februar bin ich mit meiner Frau zusammen dann ein paar Tage in Rom. Sie ist ja „leider“ als Tagesmutter zeitlich gebunden. Im März werde ich mir einen Jugendtraum erfüllen: Wir werden nach Asien fliegen und werden unter anderem eine ausgedehntere Mekong-Fahrt machen und uns die Ruine von Angorwat anschauen. Das ist die Ruine einer alten Kultur, ähnlich wie Borowodor. Die kenne ich noch nicht. In Indonesien und Myanmar habe ich die schon gesehen, aber in Angorwat nicht. Das werde ich mir dann gönnen.

Lea
   

Zum Abschluss noch eine Frage zu Zukünftigem: wie läuft es mit Ihrem eben schon erwähnten Garten für die LGS und wie stark ist die Vorfreude auf 2018 jetzt schon?

Herr Lingner
   

Also ich bin fest überzeugt, dass die Landesgartenschau für breite Gruppen der Bevölkerung Areale und Aktionsplätze öffnet, die jetzt eben noch nicht zur Verfügung stehen. Direkt am Scheffel wird eine Mehrzweckhalle gebaut. Ich habe das Suppenfest am MPG erlebt. Akustisch hat man kein Wort verstanden. Deshalb baut man eine Mehrzweckhalle für 600 Personen, bei der sie auf die Akustik achten. Jetzt stell´ Dir vor, Lahr hat endlich mal eine Veranstaltungshalle mit einer brauchbaren Akustik! Das sind doch solche „Highlights“ (lacht). Insofern ermöglicht die LGS einig für die Bevölkerung nachhaltige Aktivitäten, die ich für sehr sinnvoll halte. Dann ist da noch, wie gesagt, die Tätigkeit auf der Streuobstwiese. Das pädagogisch zu vermitteln und so, darauf freue ich mich auch schon. Der archäobotanische Garten wird spannend werden. Insofern ist eine Vorfreude auf 2018 durchaus da, weil ich es auch schön finde, dass die Lahrer endlich zusammengefunden haben. Das werden sehr beeindruckende Aktionen.

Lea
   

Dann bedanke ich mich herzlich für das Interview!

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